»Hilflos negert der Unoriginelle.« Überlegungen zum interkulturellen Potential von Carl Einsteins Afrikanismus
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- Kapitel
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- Abstract
- Carl Einsteins Aufwertung afrikanischer Kunst und Kultur im Kontext der Avantgarde hat verschiedentlich dazu geführt, in seinem Afrikanismus einen Beitrag zur interkulturellen Kommunikation zu sehen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beschäftigung mit dem Afrikanischen bei Einstein wie auch bei anderen Avantgardisten vor allem aus dem Bedürfnis entspringt, die eigene Kunst und Kultur der Gegenwart durch die herausfordernde Konfrontation mit dem Fremden grundlegend zu erneuern. Der Ästhetik des Fremden, wie sie in "Negerplastik" (1915) zum Tragen kommt, ist wesentlich, dass sie gerade nicht darauf gerichtet ist, ihren Gegenstand zu verstehen. Vielmehr hat die Rezeption afrikanischer Kunst und Kultur „zur Herausbildung eines avantgardistischen Diskurses über Afrika beigetragen“, der letztlich „mehr mit europäischen Konzepten des ‚Afrikanischen‘ und ‚Primitiven‘ zu tun hat als mit ihrer Bedeutung in der Entstehungskultur.“ Wenngleich "Negerplastik" also nicht zum Verständnis afrikanischer Kultur beiträgt, liefert sie dennoch wesentliche Einsichten in das innovative Potential und die komplexe Struktur kultureller Differenzkonstruktionen. Dieser Beitrag nimmt die beiden Publikationen Carl Einsteins in den Blick, die sich mit afrikanischer Kunst beschäftigen, wobei sich trotz des gemeinsamen Ausgangspunktes gravierende Unterschiede konstatieren lassen. Einstein bezeichnet "Afrikanische Plastik" (1921) zwar selbst als „zweiten Band“ der "Negerplastik", aber während die Epoche machende Publikation von 1915 das Fremde afrikanischen Kunstschaffens in seiner irritierenden Andersartigkeit ästhetisch produktiv macht, ist die Afrikanische Plastik von einem kunstethnologischen Interesse am Fremden und von der Intention, kulturgeschichtliche Zusammenhänge verstehen zu wollen, geprägt. Die Werke von 1915 und 1921 stehen im Kontext verschiedener Phasen Einsteinʼscher Afrika-Rezeption und beleuchten in geradezu paradigmatischer Weise unterschiedliche für die Forschung relevante Aspekte interkultureller Rezeptionsprozesse: das ästhetische Potential des Fremden und die Fallstricke interkultureller Hermeneutik. Insofern ist die Beschäftigung mit Einsteins Afrikanismus nicht nur im Zusammenhang einer dezidierten Primitivismusforschung von Bedeutung, vielmehr bietet sie darüber hinaus auch Anlass, über grundsätzliche Paradigmen der (literaturwissenschaftlichen) Interkulturalitätsforschung nachzudenken, sowie Bruchstellen und Übergänge zwischen einer Ästhetik des Fremden, Postkolonialer Theorie, Ethnologie und interkultureller Hermeneutik sichtbar zu machen.
- Autoren
- Editoren
- Eva Wiegmann
- Jasmin Grande
- Maria Männig
- Paginierung
- 289 - 308
- Buchtitel
- Einstein. Ein Widerbesuch bei Carl Einstein mit philologischen Perspektiven, Fragen zum Wissen der Moderne, zur Ästhetik, Avantgarde und ihren medialen Praktiken, zum Kritiker und dessen Netzwerk und zu den inter- und transkulturellen Zugängen
- Datum der Veröffentlichung
- 2022
- Datum der Datenerfassung
- 2023
- Series
- Juni-Magazin
- Titel
- »Hilflos negert der Unoriginelle.« Überlegungen zum interkulturellen Potential von Carl Einsteins Afrikanismus
- Ausgabe der Zeitschrift
- 57/58
Datenquelle: Manual
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